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Wie Bio den Boden schützt

Engagement für eine unterschätzte Ressource

Jahr für Jahr gehen auf unserem Planeten zehn Millionen Hektar fruchtbarer Ackerboden für immer verloren: Ausgelaugt, fortgeblasen, weggewaschen, zugebaut. Wir verlieren buchstäblich den Boden unter den Füßen – gleichzeitig ist viel zu wenigen Menschen bewusst, wie wichtig das Thema Boden für die Zukunft der Menschen ist. Die Situation ist so dramatisch, dass die Vereinten Nationen das Jahr 2015 zum „Internationalen Jahr der Böden“ ausriefen.

Bio-Bauern wissen seit jeher, dass gesunde, liebevoll umsorgte Böden die Grundlage für ihre Ernten sind. Lange Zeit standen sie mit dieser Einstellung ziemlich alleine da. Die ökologische Landwirtschaft entstand als Alternative zur industriellen Agrarrevolution um 1920. Damals ersetzte erstmals Kunstdünger flächendeckend Mist und Kompost, es wurde nicht mehr Unkraut gezupft, sondern Herbizid gespritzt. Neue, ertragreichere Sorten wurden gezüchtet, aber diese benötigten wiederum mehr Dünger. Die Ernteerträge stiegen, selbst auf kargen Böden. Aber schon damals gab es Landwirte, die dieser scheinbar so erfolgreichen Entwicklung misstrauten. Sie stellten fest, dass Qualität und Vitalität der Nutzpflanzen litten. Und tatsächlich: Düngemittel, Pestizide und Hochleistungssorten steigern den Ertrag kurzfristig – langfristig verschärfen sie das Problem. Denn irgendwann ist der Boden ausgelaugt und dann geht gar nichts mehr.

Dass „irgendwann“ unsere Realität von heut ist, zeigt sich mittlerweile deutlich: Siebzehn Prozent der landwirtschaftlichen Böden in der EU gelten als in ihrer Qualität deutlich verschlechtert. Insgesamt 105 Millionen Hektar sind durch Wassererosion geschädigt. Das entspricht der dreifachen Fläche der Bundesrepublik. Durch intensive landwirtschaftliche Nutzung haben bereits 45 Prozent der Europas Böden deutlich an organischer Substanz verloren, wie die Heinrich-Böll-Stiftung feststellt. Der schlechte Bodenzustand lasse sich zwar in gemäßigten Klimazonen noch durch Mineraldünger- und Kalkgaben verbergen. Aber obwohl die Ernteerträge heute noch stabil seien, sei zukünftig mit Ausfällen zu rechnen. „Wir gehen mit dieser Welt um, als hätten wir noch eine zweite im Kofferraum“, soll die amerikanische Schauspielerin Jane Fonda einst gesagt haben. Und in der Tat ist die jahrzehntelange Sorglosigkeit, mit der unsere Böden traktiert wurden, bemerkenswert, wenn man bedenkt, wie komplex das System Boden ist.

Denn im Erdboden lebt eine ganze unsichtbare Welt. Sie wird „Edaphon“ genannt. Was vom Namen her an ein Musikinstrument erinnert, bezeichnet die Gesamtheit der im Boden lebenden Organismen. In einem Kubikmillimeter Erde leben bis zu zehn Milliarden Organismen und damit mehr als Menschen auf der Erde. Das Spektrum reicht von Bakterien und Amöben über Pilze, Algen und Flechten bis hin zu Spinnen und Insekten, Regenwürmern und Maulwürfen. Sie alle graben, buddeln und wühlen sich durch das Erdreich: Insektenlarven zerkleinern abgestorbene Pflanzenteile, Mikroben zersetzen sie in ihre kleinsten Bestandteile, die anderen stürzen sich wiederum auf deren Exkremente. Kriechtiere mischen den Boden auf und sorgen damit für eine gute Durchlüftung. Am Ende gewinnt die Pflanze wichtige Mineral- und Nährstoffe für ihr Wachstum. Verwelkt sie, wird aus ihr Humus. Ein ausgeklügelter Kreislauf und ein empfindlicher Mikrokosmos, den der Mensch mit Düngemitteln, Pestiziden und genetisch verändertem Saatgut empfindlich stört – mit oft irreversiblen Folgen. Denn die betroffenen Böden erholen sich viel langsamer, als Verluste und Schäden voranschreiten. Jede Minute gehen auf der Erde zehn Hektar Land durch Erosion verloren. Der Aufbau fruchtbaren Bodens dauert hingegen Jahrzehnte bis Jahrhunderte. So verlieren wir jedes Jahr 12 bis 17 Millionen Hektar wertvollen Humusboden. Das entspricht ziemlich genau der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche Deutschlands.

Bio-Landwirte wissen um die komplexen Vorgänge in ihrem Ackerboden und schaffen bewusst die richtigen Bedingungen damit sie ungestört ablaufen können: Dazu gehört zum Beispiel der Einsatz von organischem Dünger und der Anbau von stickstofffixierenden Eiweißpflanzen (Leguminosen) als Alternative zum Kunstdünger. Der Anbau von Zwischenfrüchten und die Einarbeitung von Pflanzenresten sorgen für gut durchlüftete, humusreiche Böden. Auch eine schonende Bodenbearbeitung ist wichtig: So verhindert zum Beispiel der Einsatz von Fahrzeugen mit extra breiten Reifen, dass Böden zu stark verdichtet werden. Das Resultat: Die komplexe Gemeinschaft der Bodenorganismen findet gute Lebensbedingungen vor und sorgt mit ihrer Aktivität für das biologische Gleichgewicht auf dem Bio-Acker.

Was die Pioniere des ökologischen Landbaus noch nicht wussten, beziehungsweise, was ihnen nicht wichtig erschien: Der Boden ist ein wichtiger Verbündeter im Kampf gegen den Klimawandel, denn er kann CO2 und weitere klimaschädliche Gase speichern. Je humusreicher und gesünder er ist, desto mehr nimmt er auf. Die konventionelle Landwirtschaft dagegen beschleunigt den Klimawandel: Zum einen, weil der Einsatz von Kunstdünger und synthetischen Spritzmitteln energieintensiv ist und endliche Ressourcen dezimiert, zum anderen, indem sie die Fähigkeit der Böden, klimaschädliche Emissionen zu binden, zerstört. Bio-Bauern leisten auf ihren Äckern nicht nur die Grundlagenarbeit dafür, dass auf fruchtbaren Böden Jahr für Jahr wieder nährstoffreiche Lebensmittel wachsen können. Sie tragen also auch vor Ort dazu bei, dass die globale Erderwärmung durch den Klimawandel in Schach gehalten werden kann.

Nicht zuletzt droht dem Boden auch noch von anderer Seite Gefahr: Die begrenzte Ressource ist ein begehrtes Gut am Kapitalmarkt geworden. Viele Bio-Bauern würden gerne mehr Fläche bewirtschaften, können sie aber nicht bezahlen. Agrar-Konzerne und Spekulanten treiben die Preise in die Höhe. Initiativen wie die BioBodenGenossenschaft oder die Regionalwert AG versuchen, hier gegenzusteuern. Hier können Verbraucher Bio-Bauern aktiv beim Kampf für mehr Bio-Boden, eine nachhaltige Landwirtschaft und mehr Klimaschutz unterstützen.

Quellen/zum Weiterlesen:

www.boell.de
www.boelw.de

Bio-Bodenerwerb unterstützen:

www.bioboden.de
www.kulturland-eg.de
www.regionalwert-hamburg.de